Erziehung
ist Vorbild sein und sonst nichts als Liebe. - Maria Montessori
In
den beiden Kindergärten der Erlöserschwestern, in denen wir tätig sind, wird nach der
Montessori-Pädagogik – welche in Tansania sehr beliebt ist -
gearbeitet. Alle Kinder tragen eine einheitliche Uniform, denn hier soll der
Wohlstand der Eltern keine Rolle spielen. Die Mädchen tragen ein Kleid, die Jungen eine Hose und auch wir tragen – so wie fast alle afrikanischen Frauen – einen Rock im Kindergarten. Leider muss man dennoch
sagen, dass auf Grund von finanziellen Nöten vielen Kindern in
Tansania der Besuch des Kindergartens nicht ermöglicht werden kann.
Vielen Menschen bleibt die Chance auf Bildung immer noch verwehrt. Die kleinen, stolzen Besucher sind im Durchschnitt zwischen 3 und 6 Jahre alt und somit
ist das „Lernen von den Großen“, das Helfen und das "Abschauen"
gewährleistet. Die Kleineren eifern den Großen nach, während diese
stolz sind als Vorbild fungieren zu können. Dennoch steckt in jedem
Kind ein „persönlicher Bauplan“, nachdem sich seine Entwicklung
vollzieht.
Auch in Deutschland ist mittlerweile "Montessori" sowohl im Kinder- als auch im Schulbereich ein weit verbreiteter Begriff, wobei die "normalen" Kindergärten und Schulen noch stark in der Überzahl sind.
Es ist ein deutlicher
Unterschied zu unseren "üblichen" Kindergärten zu erkennen, in denen
Lernen und Wissen nicht im Vordergrund stehen, sondern soziale
Kompetenzen, Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit und Kreativität.
Auch der Betreuungsschlüssel ist ein ganz anderer. Es ist ein
ziemlich interessanter Einblick in einem Kindergarten, dessen
Erziehungsstil auf der Pädagogik von Maria Montessori basiert und
sehr autoritär scheint, mitwirken zu dürfen und obwohl ich manchen
Situationen mit gemischten Gefühlen gegenüberstehe, ist es doch
wichtig die Kontraste erleben zu dürfen.
Seit
nun mehr sieben Monaten versuche ich hinter die Thematik der
Montessori-Pädagogik nach Maria Montessori zu blicken und doch
bietet mir diese Arbeitsweise täglich neue Herausforderungen. Von
dem Ablauf eines Kindergartentages und dessen Strukturen hatte ich
euch bereits in einem meiner Blogeinträge berichtet. Nun möchte ich
versuchen einen kleinen Einblick in diese vielseitige Methode, welche
Kindern viel Freiraum lässt und meinen Arbeitsalltag bestimmt, zu
geben.
Maria
Montessori sagt, dass alle Kinder von sich aus neugierig,
wissbegierig und lernwillig sind. Nun ist es unsere Aufgabe, den
Kindern hilfreich zur Seite zu stehen, Geduld zu haben und zu
akzeptieren, „wann”, „wie” und in gewisser Hinsicht auch
„was” jedes einzelne Kind lernen will. - Auch das muss erst
einmal gelernt sein.
Freiarbeit
ist das Zauberwort und Kernstück. Aber auch Wertschätzung und
Achtung vor dem Kind sind dabei von zentraler Bedeutung. Es gibt kein
„Programm”, das alle Kinder durchlaufen, sondern Angebote, die
auf das jeweilige Alter und die Entwicklung des Kindes abgestimmt
sind und aus denen jedes Kind selbst auswählen kann. Die angehenden
Schulkinder beschäftigen sich hauptsächlich mit dem Schreiben,
Rechnen und Lesen, während die Jüngeren sich mit den verschiedenen Materialien auseinandersetzen. Im Gegensatz zu Deutschland wird in Tansania
vorausgesetzt, dass die Kinder bei Schulantritt bereits all diese
Fertigkeiten erlernt haben. Hierbei kommen die vielseitigen
Materialien meist nur im Anfangsstadium zum Einsatz, bevor es dann
„auf dem Papier“ weitergeht.
Die Materialien bieten die
Möglichkeiten mit allen Sinnen zu lernen und bieten viel Platz für
Kreativität, Eigenständigkeit und Verknüpfungen zwischen verschiedenen Materialien.
Für mich ist der Umgang und der Hintergedanke des Materials immer
wieder spannend, neu und einzigartig. Jedes Kind kann individuell
gefordert und gefördert werden.
Besonders bemerkenswert finde ich,
dass ein Schwerpunkt dieser Methodik auf dem Erlernen von
„Alltagsdingen“ liegt, welche in Deutschland meist vom Elternhaus
mitgegeben werden (sollten) ... Wie öffne und schließe ich leise eine
Tür? Wie trage ich einen Stuhl? Wie gehe ich mit der Schere um? Wie
schließe ich einen Reißverschluss?
Die
oberste Regel im Kindergarten lautet: "Meine Freiheit endet da, wo
deine Freiheit beginnt.“ Deshalb gehören zu der
Montessori-Pädagogik selbstverständlich auch Regeln, Grenzen und
Ordnung. Die Kinder können entweder alleine oder in Gruppen
arbeiten. Durch die eigenen Teppiche wird der eigene Spielraum und
der des Anderen für jeden sichtbar. Außerdem ist es sehr wichtig, eine ruhige und angenehme Atmosphäre während der Arbeitszeit zu schaffen. Die Kinder sollen die Möglichkeit haben, diese Zeit intensiv für sich nutzen zu können.
Das
Montessori-Material, die kindgerechte Darstellung der Angebote und
wir, die Erzieherinnen helfen den Kindern sich zu entscheiden. Besonders wichtig für die Kinder ist, dass alle Montessori-Materialien auf ihrer Augenhöhe stehen. Jedes Material ist nur einmal verfügbar und somit ein Einzelstück, welches bereits während der 2-jährigen Ausbildung zur Erzieherin eigens angefertigt wird. Mehrmals wöchentlich basteln, schneiden, kleben und malen auch wir zusammen mit den Schülerinnen und unter Anleitung der Erzieherinnen an der Entstehung dieser Materialien. Ordnung und klare Strukturen sind im Klassenraum und im Umgang mit den Arbeitsmaterialien sehr bedeutsam und es wird stets darauf geachtet, dass jedes Material an seinen Platz zurück gebracht wird. Die
Materialien sind in folgende Bereiche unterteilt:
Material
für die Übungen des täglichen Lebens:
z.B.
Wasser von einem Gefäß in ein weiteres Gefäß schütten
Sinnesmaterial:
z.B.
Gewichte: Unterscheidung von Dimensionen
Schreib-
und Lesematerial:
z.B.
Buchstaben legen: Vorbereitung aufs Schreiben
Mathematisches
Material:
z.B.
Hunderterbrett: Übungen mit den Zahlen 1 – 100
Kosmisches
Material:
z.B.
Geographiepuzzle
Das
Kind bestimmt sowohl den Arbeitsrhythmus, als auch die
Beschäftigungsdauer und kann sich jeder Zeit eine Auszeit nehmen. Es
ist wichtig, die Kinder so in den sachgemäßen Umgang mit den
Materialien einzuweisen, dass das Interesse daran geweckt wird und
das Kind selbstständig weiterarbeiten kann. Die Kinder lernen damit
letztendlich auch Verantwortung für sich selbst und für die
Gemeinschaft zu entwickeln. Gerade hier kommen mir meine mangelnden
Kiswahili-Kenntnisse leider des Öfteren in die Quere. Und auch
ich bin in den Bereichen „Montessori-Pädagogik“ und „Kiswahili“
ein Kind, welches auf die einfühlsame Art und die Hilfsbereitschaft
der Anderen angewiesen ist. Sowohl mein Leben, als auch meine Arbeit
und mein Wirken hier basiert auf einem stetigen Geben und Nehmen.
Daher kommt mir die Hilfe, Anleitung und Geduld der Erzieherinnen und
auch der Racker wirklich zu Gute.
Was man nehmen will, muss
man erst richtig geben. - Laotse, Tao Te King, Zensho W. Kopp
Die Arbeit mit den Kindern bereichert mich sehr und macht mir viel Spaß. Jeden Tag merke ich, dass ich im Umgang mit den Materialien immer vertrauter werde und das gibt mir Sicherheit. Sicherheit, im Bezug auf mein Handeln. Sicherheit, im Bezug auf meine Arbeit. Sicherheit, im Bezug auf die kleinen Räuber, die mir sehr am Herzen liegen. Sie sind ganz besondere Menschen und sie sind die Zukunft Tansanias. Ich genieße jeden Augenblick mit den Kindern und bin berührt, welch Liebe, Zuneigung und Dankbarkeit sie mir entgegen bringen...
Sie sind diejenigen, die mir das Gefühl geben zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Sie sind diejenigen, die mein Weltfreiwilligenjahr zu etwas ganz Wertvollem machen. Sie sind diejenigen, die alleine mit ihrem Lachen meinen Tag zu etwas Besonderem machen. Sie sind diejenigen, die mich manchmal an meine Grenzen bringen. Sie sind diejenigen, die mit mir über meine Fehler und Missgeschicke schmunzeln. Sie sind diejenigen, die mir Momente schenken, die unbezahlbar sind. Sie sind diejenigen, die mich mögen wie ich bin. Sie sind diejenigen, die mich zum Lachen bringen. - Ich danke Euch!
Zahlen-Sandtafeln |
Ordnung ist das halbe Leben |
Farbkarten |
Umschütten |
Geographie |
Dimensionen |
Gruppenarbeit |
Auffädeln von Flaschendeckeln |
Schreibübungen |
Heranführen an die Materialien durch eine Erzieherin |
Dimensionen |
Teamarbeit - Lesen |
Setzkasten |
erste Schreibversuche |
Schreiben auf der Tafel |
Geographie |
Hilf
mir, es selbst zu tun.
Zeige
mir, wie es geht.
Tu
es nicht für mich.
Ich
kann und will es allein tun.
Hab
Geduld meine Wege zu begreifen.
Sie
sind vielleicht länger, vielleicht brauche
ich
mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche
machen
will.
Mute
mir Fehler und Anstrengung zu,
denn
daraus kann ich lernen.
- Maria Montessori-
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